Aktienrückkäufe: Bilanztrick oder okonomisch sinnvoll?

Die niedrigen Zinsen befeuern ein Phänomen, das aus Sicht der Aktionäre durchaus kritisch zu hinterfragen ist: Das Phänomen heißt Aktienrückkäufe. Im Vorjahr haben die 500 wichtigsten US-Unternehmen zum absoluten Rekordwert von fast 700 Milliarden USDollar Aktien des eigenen Unternehmens zurückgekauft. Insgesamt stammen in den USA seit 2011 rund 13 % der Unternehmensgewinne aus Aktienrückkäufen. Auch in Deutschland, wenngleich von viel niedrigerem Niveau ausgehend, kommen solche Rückkäufe immer mehr in Mode, schrieb die „Frankfurter Allgemeine“. Die Bankhaus Krentschker & Co. AG hat Vor- und Nachteile im jüngsten Marktkommentar unter die Lupe genommen.

 

Thesaurieren oder ausschütten

Das Eigenkapital eines börsennotierten Unternehmens ist in Aktien gestückelt, mittels derer Investoren an der Börse Miteigentum am Unternehmen kaufen. In der Jahreshauptversammlung wird unter anderem darüber entschieden, ob der Jahresgewinn im Unternehmen bleibt oder ob er als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Unternehmen die sehr stark wachsen, schütten in der Regel wenig bis nichts aus, da der Gewinn für weitere Investitionen und damit weiteres Wachstum benötigt wird. Dadurch kann der Unternehmenswert gesteigert werden, der sich dann in einem entsprechend höheren Aktienkurs widerspiegeln soll. Reifere Unternehmen, so genannte Blue Chips, haben über Jahre oft riesige Summen an Cash angesammelt. Sie können diese als Dividende an die Aktionäre ausschütten oder damit eigene Aktien zurückkaufen, die dann in der Regel vernichtet werden. Damit sinkt die Anzahl der ausstehenden Aktien und der Gewinn pro Aktie steigt, da dieser nur mehr durch eine geringere Anzahl an Aktien dividiert werden muss.

 


Beispiel 1 laut Grafik: Hat ein Unternehmen 1.000 Aktien ausgegeben und einen Gewinn von 500, so stellt das einen Gewinn von 0,5 pro Aktie dar. Wird die Anzahl der Aktien auf 700 reduziert - hebt sich der Gewinn pro Aktie auf ca. 0,71 pro Aktie - ein satter Gewinnanstieg von über 40%. Stellt man sich eine Unternehmensbilanz vor, die auf der Aktivseite z. B. 100 an Cash und 100 an sonstigen Aktiva und auf der Passivseite aus 100 an Eigenkapital und 100 Fremdkapital besteht, so hat dieses Unternehmen eine Eigenkapitalquote von 50%. Werden nun eigene Aktien z. B. in der Höhe von 30 zurückgekauft und diese Transaktion Cash bezahlt, so sinkt auf der Aktivseite der Cash-Polster von 100 auf 70 und das Eigenkapital auf der Passivseite ebenso von 100 auf 70. Die Bilanzsumme verkürzt sich in diesem Fall von 200 auf 170. Aber auch die Eigenkapitalquote sinkt damit von 50% auf ca. 41%.

 

Nicht immer lösen Aktienrückkäufe Jubelstürme an den Aktienbörsen aus. Hat ein Unternehmen lange Zeit die Gewinne thesauriert, also im Unternehmen belassen, und beginnt dann plötzlich Gewinne auszuschütten, nährt das manchmal den Verdacht, dass die Wachstumsphase vorüber ist. So geschehen bei Microsoft, das erstmals 2003 Dividenden auszahlte. Microsoft überzeugte jedoch die Skeptiker: Obwohl die Dividende pro Aktie laufend angehoben wurde, wurden zusätzlich Aktienrückkäufe getätigt und es fehlt dem Unternehmen darüber hinaus auch nicht an Investitionskraft.

 

Unternehmen, die aber schwache operative Ergebnisse haben und auf Basis von Kreditaufnahme und Aktienrückkauf den Gewinn pro Aktie steigern – man könnte es auch „kaschieren der Gewinndynamik“ nennen – , sollte man sich besser zwei Mal ansehen. Anleger blicken vor allem bei Anleihen auf das Rating des Unternehmens - aus diesem Gesichtspunkt heraus sollte dieses auch bei Aktienkäufen mit berücksichtigt werden.

 

Niedrige Zinsen begünstigen Rückkäufe

Die Zeit der tiefen Zinsen und der unterschiedlichen Steuergesetzgebung lassen die Unternehmen heute kreativ werden. Obwohl oft hohe Barmittel vorhanden sind, nehmen Unternehmen zusätzlich günstige Kredite auf, um die geplanten Aktienrückkäufe zu finanzieren. Die vorhandenen Barmittel bleiben unangetastet und oft wird dies mit „trockenem Schießpulver“ argumentiert:

Sollten sich z. B. Übernahmegelegenheiten ergeben, könne man dann auf die vollen Barmittel zurückgreifen. Wie viele Übernahmen jedoch tatsächlich in bar erfolgen, sei dahingestellt. Zudem fallen bei global agierenden Unternehmen Gewinne in den unterschiedlichsten Teilen der Welt an und diese trachten danach, sie dort zu versteuern, wo sie die wenigsten Steuern zahlen müssen. Auch das führt zu Rückkäufen und Ausschüttungen.

 

 


Beispiel 2 laut Grafik: Auf der Aktivseite der Bilanz ändert sich bei Aktienrückkäufen auf Kredit nichts. Auf der Passivseite jedoch steigt das Fremdkapital und das Eigenkapital sinkt, weil Aktien zurück gekauft und vernichtet wurden. Die Passivseite weist (rechte Bilanz) damit einen Fremdkapitalanteil von 130 und einen Eigenkapitalanteil von 70 aus. Die Eigenkapitalquote ist von 50% auf 35% gefallen - der Leverage ist also stärker gestiegen.

 

Kapitalkosten senken

Sollten die Zinsen wieder steigen und die Refinanzierung der Anleihen damit wieder teurer werden, so können bei schwachen Unternehmen hier relativ rasch Probleme ans Tageslicht kommen. Per se sind Aktienrückkäufe nicht problematisch zu sehen - wie immer kommt es jedoch auf den Einzelfall an. Es spricht nichts gegen das Ziel eines Unternehmens, seine Kapitalkosten zu senken. Böse Zungen behaupten aber immer wieder, dass es Unternehmen gibt, die gar nicht so gut sind und eine Gewinnmaximierung aus Gründen der Vergütungspolitik des Unternehmens betreiben. Oder es wird dem Management unterstellt, dass es keine Visionen für zukünftiges Wachstum mehr sieht. Auch steht manchmal der Vorwurf im Raum, dass Unternehmen nur mehr danach trachten, den Aktionären Gutes zu tun. Aktienrückkäufe sind, wenn es die Unternehmensbilanzen ermöglichen, jedoch ein gutes Instrument, das das Management nutzen kann oder sogar soll. Alle die damit nur „bluffen“ wollen, wird der Kapitalmarkt ohnehin bestrafen.

 

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